Studie: Freizeitroutinen tragen dazu bei, auch in Krisenzeiten Arbeitszufriedenheit und -konzentration aufrechtzuerhalten.

Krieg, Pandemie, ökonomische Sorgen und andere Bedrohungen stellen derzeit für viele Mensche große Herausforderungen dar. Eine kürzlich im Fachmagazin "International Journal of Stress Management" veröffentlichte Studie einer Forschergruppe um Bettina S. Wiese (RWTH Universität Aachen) ergab, dass regelmäßige Freizeitaktivitäten gerade in Krisensituationen wichtig sind, um Arbeitszufriedenheit und -konzentration aufrechtzuerhalten.

Methode

Die Forscher:innen führten eine Online-Befragung unter mehr als 500 Arbeitnehmer:innen nach Ausbruch der COVID-19 Pandemie durch. Dabei erfassten sie die subjektiv erlebte Bedrohung durch die Pandemie, das Ausmaß alltäglicher Routinen sowie aktuelle Arbeitszufriedenheit und Konzentration bei der Arbeit. Anschließend untersuchten sie mittels statistischer Verfahren Zusammenhänge zwischen diesen Aspekten.

Ergebnisse

Die Analysen ergaben, dass vor allem sekundäre Routinen mit positiven Effekten auf Arbeitszufriedenheit und Arbeitskonzentration verbunden sind. Hierunter versteht man regelmäßige alltägliche Handlungen, die nicht primär der Befriedigung biologischer Bedürfnisse dienen, wie z.B. Spaziergänge, sportliches Training, Telefonate mit Freund:innen und andere regelmäßige Freizeitaktivitäten. Aus der psychologischen Forschung ist bekannt, dass solche Freizeitroutinen im Allgemeinen unsere Zufriedenheit stärken und uns das Gefühl geben können, handlungsfähig zu sein.

Interessant ist auch, dass die subjektiv erlebte Bedrohung durch die Pandemie keinen direkten negativen Einfluss auf Arbeitszufriedenheit und -konzentration hatte. Allerdings ließ sich feststellen, dass Befürchtungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie mit einem Rückgang an regelmäßigen Freizeitaktivitäten verbunden waren und in weiterer Folge indirekt zu Einbußen in der Arbeitszufriedenheit führten.

Man könnte also sagen, dass krisenbedingte Bedrohungen besonders dann unsere Arbeitszufriedenheit und -konzentration negativ beeinflussen, wenn es uns nicht ausreichend gelingt, regelmäßige Freizeitroutinen aufrechtzuerhalten.

Schlussfolgerungen

Die Studienautor:innen ziehen aus ihren Ergebnissen die Schlussfolgerung, dass alltägliche Freizeitroutinen mit einer Aufmerksamkeitsfokussierung auf Sicherheitssignale einhergehen. Diese Strukturen stellen offensichtlich wesentliche Ressourcen in Krisensituationen dar, um im Arbeitskontext fokussiert zu bleiben und Arbeitsanforderungen weiterhin zu bewältigen.

Dies bedeutet auch, dass wir Arbeit und Freizeit nicht getrennt voneinander betrachten können: unser Freizeitverhalten wirkt sich auf unsere Leistungsfähigkeit im Arbeitskontext aus.

Darüber hinaus können Alltagsroutinen wesentlich dazu beitragen, uns in Krisensituationen vor Pessimismus und Gefühlen des Kontrollverlusts zu schützen. Der Aufbau hilfreicher Alltagsroutinen sollte daher auch in psychologischen Angeboten entsprechend Berücksichtigung finden.

Weiterführende Gedanken

Meiner Erfahrung nach sehen wir nicht immer vollumfänglich die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Arbeit und Privatleben. Am ehesten spüren wir in beruflichen Belastungssituationen, dass auch unser Privatleben leiden kann -oder umgekehrt.

Die komplexen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Lebensbereichen gehen allerdings viel weiter. So hängen Zufriedenheit mit dem Job und berufliche Leistungsfähigkeit eben auch von unserem alltäglichen Freizeitverhalten ab. Ganz besonders in herausfordernden Zeiten!

Indem wir Freizeitroutinen aufbauen und pflegen fördern wir also nicht nur unsere individuelle Resilienz, sondern leisten erwiesenermaßen auch einen Beitrag zur Aufrechterhaltung unserer beruflichen Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft in Krisenzeiten. Dies ist letztendlich auch im Interesse jedes Arbeitgebers.

Hilfreiche Freizeitroutinen zu entwickeln erfordert anfänglich allerdings auch etwas Aufwand und Geduld. Eine psychologische Beratung kann dabei unterstützen, häufige Stolpersteine zu vermeiden und effektive Verhaltensroutinen aufzubauen.

Link zur Studie