Tools & Tactics: Stresskontrolle mit "Breathing in a Box"

Einsatzstress kann Wahrnehmung, Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigen. Eine einsatztaugliche Methode zur kurzfristigen Stresskontrolle ist das sog. "Breathing in a Box".

Nur das Einfache führt zum Erfolg.

Diesen Grundsatz hört man vor allem in Militärkreisen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass komplexe Pläne und Handlungssequenzen gerade in Extremsituationen rasch an ihre Grenzen geraten.

Aus psychologischer Sicht lässt sich dieser Erfahrungswert durchaus bestätigen. So zeigt das klassische "Yerkes-Dodson-Gesetz", das aus der experimentalpsychologischen Forschung abgeleitet wurde, dass körperliche bzw. mentale Aktivierung und Leistungsfähigkeit in einem umgekehrt-U-förmigen Zusammenhang stehen. Das bedeutet: unsere optimale Leistungsfähigkeit erreichen wir bei einem mittleren Aktivierungsniveau.

Sind wir hingegen schläfrig und damit nur wenig aktiviert, können wir weder mentale noch körperliche Höchstleistungen abrufen. Der gleiche Effekt tritt bei stärkerer Aufregung ein, wenn das Aktivierungsniveau über einen kritischen Wert hinaus ansteigt.

Das Yerkes-Dodson-Gesetz

Das Yerkes-Dodson-Gesetz macht keine Aussage darüber, welches Aktivierungsniveau im Einzelfall optimal ist und wird heute im Allgemeinen als zu vereinfachend betrachtet.

Die wesentlichen Kernaussagen haben aber nach wie vor Gültigkeit. Die notfallpsychologische Forschung zeigt zudem, dass Extremsituationen, wie sie auch im Rahmen von herausfordernden Einsätzen auftreten können, mit starker körperlicher bzw. emotionaler Aktivierung einhergehen können. In weiterer Folge kann es zu erheblichen Einschränkungen in Entscheidungsverhalten, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Gedächtnisprozessen kommen. Nicht zuletzt aus diesem Grund trainieren Einsatzkräfte essentielle Handlungssequenzen drillmäßig. Ist eine Handlungskette auf diese Weise einmal "in Fleisch und Blut übergegangen“ erfordert deren Umsetzung nur mehr eine geringe Beteiligung höherer kognitiver Funktionen. Drillmäßig erlernte Handlungen bleiben daher auch unter Extrembelastung weitgehend umsetzbar.

Stresskontrolltechniken

Nicht alles lässt sich jedoch drillmäßig trainieren und gerade besonders schwierige Einsatzlagen erfordern häufig komplexe Entscheidungen. Um auch unter solchen Bedingungen ein optimales körperliches und mentales Leistungsniveau aufrechtzuerhalten, ist es daher sinnvoll, Techniken zur Regulierung des Aktivierungsniveaus einzusetzen.

Eine solche Technik ist das sog. "Breathing in a Box“, "Box Breathing" oder “Tactical Breathing”, das in den vergangenen Jahren vor allem im US-amerikanischen Militär populär wurde. Die Technik zielt darauf ab, ein erhöhtes Aktivierungsniveau -beispielsweise als Folge von Einsatzstress- kurzfristig zu regulieren und ist aufgrund der einfachen Umsetzung einsatztauglich.

Durchführung: 4 Sekunden tief durch die Nase einatmen – 4 Sekunden Luft anhalten – 4 Sekunden tief ausatmen – 4 Sekunden Luft anhalten – Zyklus einige Male wiederholen, im Idealfall bis ein angemessenes Aktivierungsniveau erreicht wurde.

Breathing in a Box

Tipps zur Umsetzung:

  • Die Dauer der Atemzüge bzw. des Luftanhaltens ist auch von der körperlichen Grundkonstitution abhängig. Wenn 4 Sekunden zu lange erscheinen, spricht nichts dagegen, die Dauer einer Phase auf zum Beispiel 3 Sekunden zu verkürzen. Triathleten, Kampftaucher, Bergfexe und alle anderen, die eine 4-Sekunden-Phase schon als Hyperventilieren erleben, können die Dauer einer Phase auch gerne auf 6-8 Sekunden oder mehr verlängern.
  • Der Fokus bei den Atemzügen sollte grundsätzlich auf die Bauchatmung gelegt werden.
  • "Breathing in a Box“ ist geeignet, ein zu hohes Aktivierungsniveau zu regulieren. Es macht also im Einsatz vor allem dann Sinn, wenn man Anzeichen erhöhter Aktivierung empfindet. Hierzu zählen beispielsweise erhöhte Herzfrequenz, erhöhte Atemfrequenz, Schwitzen, Nervosität oder andere Stresssymptome.
  • Im Alltag lassen sich derartige Techniken auch hervorragend zu Entspannungszwecken einsetzen. Wer allerdings in einer Einsatzsituation ein eher geringes Aktivierungsniveau aufweist (beispielsweise aufgrund von Übermüdung) sollte den Fokus eher auf aktivierende Techniken legen. Bewährt haben sich in diesem Zusammenhang zum Beispiel Kniebeugen oder andere einfache körperliche Übungen. Wie so oft lässt sich pauschal nur schwer beurteilen, welche Techniken im Einzelfall zielführend sind. Dies hängt von den persönlichen Umständen, aber auch von der konkreten Situation bzw. Tätigkeit ab.
  • Meiner Erfahrung nach lässt sich "Breathing in a Box" ohne allzu lange Vorbereitung effektiv anwenden. Wer auf Nummer sicher gehen will übt ein wenig oder integriert die Technik sogar als Routine in den Alltag.